Nordost-Passage: Begegnung mit einem Schamanen

Schamanentreffen

Gerade ist das längst überfällige Kapitel über die bei unserer Nordost-Passage nicht unwichtigen Schamanen fertig geworden (siehe Interessantes/Schamanismus). Manche mögen skeptisch sein. Manche, wie zum Beispiel Karl, Passageleiter im August 2018, sehen unsere Begegnung mit einem Schamanen eher als folkloristische Zugabe. Kein Wunder, Karl hat als gebürtiger Tiroler einen eher kritischen Zugang, er ist umgeben von hochtouristischen „Tiroler Abenden“ aufgewachsen. Doch das Treffen unserer Passage-Reisenden mit dem Schamanen in Ust Orda, rund 70 Kilometer nördlich von Irkutsk, ist keine Volkstumsveranstaltung. Es vermittelt nicht nur oberflächliche Einblicke, sondern hat auch ganz konkrete Auswirkungen auf den Reiseverlauf.

Das betrifft vor allem das Wetter während unserer Reise. Je offener und „gläubiger“ unsere Reiseteilnehmer sind, je überzeugter sie die bunten Fäden knüpften, desto wirksamer waren die Wünsche des Schamanen und desto öfter schien während unserer Weltumrundung die Sonne. Umgekehrt: Karls Skepsis zu Beginn seiner Reise in Russland und die daraus resultierende leichte Unsicherheit des sensiblen Schamanen führte zu ausgeprägtem Schlechtwetter in Kamtschatka. Erst als er und seine Gruppe in der Folge demütiger wurden, weniger zweifelten, konnten sie in Alaska den Denali wolkenlos betrachten (vgl. Blogbeitrag).

Schamanentreffen
Wünsche ans Universum…

Ich bin nun zwei Wochen von der heurigen, ersten Passagereise zurück. Meine Gruppe lauschte ergriffen den Ausführungen des Schamanen, ließ sich gerne von ihm, natürlich schamanisch und in burjatischer Sprache, nicht nur eine „Gute Reise“ wünschen, sondern in Kontakt mit den Naturgöttern einen glückvollen Reiseverlauf auch zusagen.

Schamane wirkt: wir hatten trotz negativer Wetter App-Vorhersage Sonne bei der Baikalbahnfahrt, Sonne bei unserem Helikopterausflug in den Süden Kamtschatkas, sahen den fast unbewölkten Denali und sich sonnende Grizzlybären. Wir spazierten im sonnenüberfluteten Queen Elisabeth-Park in Vancouver und verkosteten Eisweine im sonnigen Niagara-at- the-Lakes in Ostkanada.

Baikalbahn
Zwischenstopp am Baikal

 

Kurilensee
Landung am Kurilensee
Kurilensee
Am Kurilensee. Wer beobachtet wen?

Das Wetterwunder

Ein einziges Mal pfuschte der Schamane. Unser Ausflug zu den heißen Quellen ins „kleine Tal der Geysire“ begann mit Regen und Wolken, mit durch Nebel verdeckten Berg- und Vulkanspitzen. Wir hofften natürlich auf in Kamtschatka nicht ungewöhnliche, rasche Wetterwechsel. Bei unserem Pausenstopp am Viljutschinsky-Pass am Nachmittag konnten wir den gleichnamigen Vulkankegel nur erahnen, etwas später nur ansatzweise erkennen.

Einigen Teilnehmern unserer Gruppe (inklusive mir) konnte dies den Glauben an die Kräfte und positiven Wünsche des Schamanen nicht nehmen. Schon die animistischen Urvölker Kamtschatkas, beispielsweise die Evenken und Korjaken, kannten den Schamanenspruch „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott“. Somit, und um den Naturgott des Viljutschinski-Vulkans zu unterstützen, wurden wir aktiv. Positionierten uns richtig und begannen die Wolken zu verblasen.

Ich brauche hier nichts weiter zu erklären, die Bilder sprechen für sich. Rasch präsentierte sich der Vulkan in seiner ganzen Wucht und Schönheit. Wolkenfrei.

Viljutschinsky Vulkan
(Noch) Tief hängende Wolken am Viljutschinsky
Wolken verblasen
Das Bläserquartett
Viljutschinsky
Langsam zeigt sich der Vulkan
Viljutschinsky in seiner ganzen Macht und Pracht und Schönheit

Das Kofferwunder

Ein weiteres Beispiel? Leider kommt es am riesigen Moskauer Flughafen Sheremetjevo immer wieder zu Problemen mit dem Gepäck. Koffer schaffen öfters den Weiterflug nur mit Verzögerung oder gar nicht. Wenn jedoch auch noch der Gepäcksabschnitt fehlt, wird es leicht kompliziert. Jedenfalls: wir vermissten bei Ankunft in Irkutsk vier Koffer. Drei kamen mit den nachfolgenden Aeroflot-Flügen, die Lost&Found-Babuschka, unsere Fremdenführerin Tatjana und unsere örtliche Agentur agierten professionell und rasch. Der Reisekoffer unserer Reiseteilnehmerin R. blieb jedoch verschollen.

R. ist eigentlich sehr reiserfahren und nicht so leicht aus der Fassung zu bringen. War trotz von mir mehrmals verabreichter Medizin (die Russen sagen Wodka dazu) dennoch leicht verunsichert. Daher bei der im Reiseprogramm stehenden Begegnung mit einem Schamanen gerne bereit, den Beschwörungen zu glauben. Die, etwas zeitversetzt, auch wirkten und R. den verloren geglaubten, aber nur gut abgelegten Gepäckszettel ins Blickfeld und in weiterer Folge und mit Unterstützung von Aeroflot-Wien den Koffer nach Wladiwostok zauberten. Mit R. kann man nun nicht mehr über den Schamanismus diskutieren. Sie ist überzeugte und begeisterte Anhängerin.

Nachbemerkung: Gab es auch in Passage-Gruppe 2 (gestern zufrieden, begeistert zurückgekehrt) ein paar Skeptiker? Ist der mir seit vielen Jahren bekannte Passageleiter Joachim ein Ungläubiger? Der Helikopterflug zum Kurilensee konnte jedenfalls und zum großen Bedauern der Teilnehmer wegen Schlechtwetter nicht durchgeführt werden.