Kamatschka – Kamtschatka, Halbinsel der Vulkane

Kamtschatka. Äußerster, ferner Osten unseres Globus (zumindest von meinem Bürofenster in Wien-Mitte aus gesehen), eingezwängt zwischen Ochotskischem Meer und Beringsee. Land aus Feuer und Eis. Kamtschatka, Halbinsel der Vulkane, kochende Erde und “eisige Zunge, die Russland dem Pazifik zeigt”. Klingt spannend. Erzeugt auch bei einem, dessen Fußsohlen tropischen Strandsand deutlich lieber spüren als Permafrostboden, umgehend Neugier und Fernweh.

Bei mir kam noch etwas dazu und ist schon etliche Jahre her. Etwas ist eine Sie und heißt Katharina. Sie ist nicht russische Zarin und die “Große”, sondern kleine Tochter meines Freundes und Touristik-Kollegen Wolfgang, damals zehn Jahre alt und begeisterte “Risiko”-Spielerin. Bei ihr hieß die Halbinselzunge konsequent Kamatschka. Kamatschka! Was dem Spiel etwas von seiner Strategie-Spannung nahm und eher in den Bereich der Schmunzel-Games führte. Bei mir jedoch erste Beachtung, Orientierung, die oben erwähnte Neugier und dann den Wunsch, Kamatschka selbst zu bereisen, bewirkte.

Und weil wir gerade bei eisiger Zunge sind: 1988 erschien der historische Roman “Alaska”, von James Michener, Bestseller-Autor (sein Buch “Südpazifik” war Vorlage für das Musical “South Pacific”) und Pulitzer-Preisträger. In zwölf Kapiteln vermengte er spannende Poesie mit noch viel spannenderer historischer Realität. Von den sich verschiebenden Eisplatten, der Besiedlung von Ostsibirien über die Bering-Landbrücke, dem Verkauf an die USA, vom Goldrausch bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts. Seit vielen Jahren wehrte sich die in meiner Bibliothek schlummernde, deutsche Übersetzung gegen ihre Lektüre. Wahrscheinlich wegen des mit 1299 Seiten adipös-abschreckenden Umfangs (dazu ein alter SPIEGEL-Bericht).

Ende Juli 2012. Ich begleite eine Gruppe von Kleingärtnern in der Transsibirischen Eisenbahn auf einer Verbandsreise von Moskau über Jekaterinburg nach Novosibirsk. Besuche die Teilnehmer in ihren Abteilen, gebe Erklärungen, helfe beim Übersetzen der Speisekarte im Zugrestaurant. In dem ich, auch aus purem Verantwortungsgefühl, bis zum Abgang des letzten Wodka-Verkosters zuwarte (was sich schon einmal bis zwei Uhr früh ziehen kann). Für die Reise und für die Nicht-Speisewagen-Zeit habe ich mir Literatur mitgenommen. Gewichtige Literatur: Micheners “Alaska”. Zehn Tage später bin ich wieder in Wien. Endlich fertig, ich klappe das Buch zu. Ich werde eine Reise nach Kamatschka UND Alaska organisieren!

Im Verlauf der letzen zwei Jahre hat sich das Projekt weiter entwickelt. Ich plane eine Nordkugel-Weltumrundung und freue mich auf Vorbereitung und Organisation. Sozusagen Kamtschatka-Alaska mit Vor- und Nachprogramm. Dubai-Singapur-Sydney-Tahiti-L.A. ist simpel. Solche “Round-the-world”-Touren findet man, wahrscheinlich auch halbwegs verlässlich, auch in den Weiten des Internets. Taiga-Tundra-Prärie, Russen-Burjaten-Indianer, Yankees (nett gemeint) und (die so unterschiedlichen) Kanadier in einer Reise zu verknüpfen ist eine Herausforderung, jedoch möglich und kein touristisches Risiko-Spiel. Wolfgang fiel dazu “Nordost-Passage” ein, was mir als Projekttitel und Reisename sofort gut gefiel.

 

P.S. (Frühjahr 2017): Was Wolfgang damals nicht wissen konnte: er wird gemeinsam mit mir im Sommer Kamtschatka (und Alaska) inspizieren.